Tracing Tainted Environments: Legacies of Oranienburg
Workshop about Information Physicalization of Nuclear Cultural Heritage
Jede Aktion hinterlässt Spuren, in chemischer, physikalischer oder symbolischer Weise. Spuren geben Auskunft zu vorangegangenen Prozessen, aber auch über das Material, in das sie eingeschrieben sind. Durch die weitere Ebene des Lesenden werden sie zur Information: Informationen sind immer ein relationelles, reverses Konzept zwischen Sendung und Empfänger, schreibt Jörg Petruschat: »Information ist Deutungsarbeit, die ihre tiefste Basis in Anerkennungs- und das heißt: Bewertungsvorgängen hat.« (vgl. Petruschat: Prototype!)
Doch wie kann dieser Bewertungsvorgang gelingen, wenn Spuren nahezu unsichtbar, unriechbar, also für die menschlichen Sinne nur schwer wahrnehmbar sind? Feinstaub, Mikroplastik oder radioaktive Rückstände sind unsichtbare Zeugnisse unserer gegenwärtigen Industrien, die allein über Labore oder Messwerkzeuge nachgewiesen werden können. Ihre Winzigkeit steht im Gegensatz zu der monströsen Gefahr und Toxizität, die von ihnen auch über extrem lange Zeiträume ausgehen. Eine besondere Herausforderung im Umgang mit toxischen, industriellen Rückständen kommt hier den radioaktiven Altlasten zu, für deren sichere Aufbewahrung, aber auch eindeutige Bewertung in ferner Zukunft heute Gestaltungskonzepte benötigt werden. Die Einbettung in das „Kulturelle Erbe“ gilt im Hinblick auf die Übertragung von Informationen als eine Methode mit langer und sicherer Wirkungsweise, um zu verhindern, dass Informationen durch Medienbrüche oder technologische Überholung nicht mehr übermittelt werden können.
Der Workshop »Tracing tainted environments: Legacies of Oranienburg« exploriert verschiedene Zugänge auf die historischen Umweltbelastungen des Industriestandorts Oranienburg und erprobt hierzu verschiedene Werkzeuge in unterschiedlichen Settings. Dazu werden die jeweiligen Perspektiven zum Umgang mit Messdaten und Umweltbelastungen aus den Disziplinen Human Computer Interaction, Design, Geschichte sowie Kultur- und Politikwissenschaften zusammengeführt und miteinander diskutiert. Der Industriestandort Oranienburg mit seinen vielschichtigen historischen Rückständen, aber auch den erfolgten Flächenaktivierungen wird für den Workshop als Recherche- und Experimentierfeld genommen und stellt so ein konkretes Umfeld für die Workshopfragen dar. In experimentellen Reihen, Vorträgen und Exkursionen exploriert der dreitägige Workshop jeweils die unterschiedlichen Dimensionen der Informationsvermittlung im Kontext von nicht tangiblen Spuren und fasst diese in Konzepten zusammen.
Ziel ist es, eine Grundlage für eine angemessene Informationsvermittlung zu entwickeln, die die verschiedenen Dimensionen berücksichtigt: Empfänger und Sender, den lokalen Kontext und angemessene Informationsdichte, die beabsichtigte Bewertung und die zeitliche Einbettung. Wie ist das Zusammenspiel von Information und Material, insbesondere in virtuellen Umgebungen? Wie verändern sich Wahrnehmung, Bewertung und Interaktion durch unterschiedliche Filtertechniken? Die Erkenntnisse und Gestaltungskonzepte des Workshops sollen zu einem tieferen Verständnis zur Materialität von Informationen und ihrer körperlichen Bedingtheit beitragen und so reichhaltigere Interaktionen hervorbringen.
Anmeldung
Der Workshop wird in deutsch und englisch stattfinden. Anmeldung zur Teilnahme bei Hanna Wiesener: wiesener [at] kh-berlin.de
Mitwirkende
Prof. Thomas Ness (kh berlin)
Prof. Dr. Habakuk Israel (HTW berlin)
Prof. Dr. Jörg Petruschat (kh berlin)
Prof. Dr. Christian Kassung (HU Berlin)
Hanna Wiesener (kh berlin)
Linda Hirsch (LMU München)
Alwin Cubasch (HU Berlin)
Lena Schubert (HU Berlin)
Michelle Müller (kh berlin)
Nofar Zeidenshnir (kh berlin)
Matthias Budde (TU Berlin)
Kontakt
weißensee kunsthochschule berlin
Bühringstraße 20
13086 Berlin