Molecular Filtering
Elektronische Dioden sind elementare Bestandteile alltäglicher integrierter Schaltungen. Ihr Aufbau ermöglicht den unidirektionalen Transport von Ladungen. Sie finden breite Anwendung als leitende Elemente in der Signalverarbeitung und -verstärkung sowie in logischen Systemen.
Die Erweiterung des Diodenkonzepts auf den Transport von Materie und Wärme ist essentiell für eine neue Generation von mechanischen und thermischen Dioden, die auf den topologischen Eigenschaften von Materialien basieren, zur Entwicklung von Wärmemanagement- oder Umwandlungsschaltungen, schnellerer Telekommunikation und möglicherweise langlebigeren Batterien [R. Süsstrunk und S. D. Huber, Proc. Natl. Acad. Sci. USA (2016); Liu et al. Phys. Rev. B (2017)].
Als Analogie für die Funktionsweise topologischer Dioden kann man sich eine Fischfalle vorstellen (Abb. 1A). Solche Vorrichtungen erlauben es den Fischen, nur in eine Richtung zu schwimmen, was teilweise auf die Geometrie und Topologie der Falle (die Anzahl der Seiten, Kanten und Gattungen) zurückzuführen ist. In der Praxis bleibt die Realisierung von topologischen diodenartigen Filtern für den Transport von Wärme und Materie eine komplexe Aufgabe und ist bei technologisch relevanten Frequenzen bisher noch nicht abschließend geklärt. Eine Lösung hierfür könnte jedoch näher liegen als gedacht: Die Natur nutzt ubiquitär komplexe molekulare Architekturen als Filter und Diodenelemente: Zellmembranen besitzen Kanäle für den unidirektionalen Transport bestimmter Moleküle und Ionen in das Zytoplasma [Preston et al. Science (1992); Doyle et al. Science (1998)]. Somit könnten komplexe molekulare Materialien den Schlüssel zur Wärmetechnik enthalten.
A Diagram of a fish trap. Fish can get in through the wide part of the funnel-like door, but cannot get out. B Scanning tunneling microscopy image of a supramolecular architecture from a non-centrosymmetric hexagonal unit cell of cyano-functionalized triarylamines showing zigzag edges. C Supramolecular nanoribbon with zigzag boundaries and periodic in y direction. D Section of the nanoribbon depicting a phononic edge state as eigenvector intensity map. E Molecular dynamics simulations are employed to excite edge-localized phonon modes, which unidirectionally propagate along the edge. All scale bars measure 1 nm. Copyright: Matters of Activity
Kürzlich untersuchten wir Cyanotriangulen-Moleküle [Gottardi et al. Adv. Mater. Interfaces (2014)], die sich auf Au(111) mittels klassischer atomistischer Simulationen zu einem chiralen Gitter selbst zusammensetzen (Abb. 1B). Die Einschränkung der zweidimensionalen Periodizität zur Bildung eines supramolekularen Nanobandes (Abb. 1C) führt zu neuen wärmeleitenden Phononmoden. Die Kartierung der neuen Zustände bestätigt das Vorhandensein von Kantenphononmoden (Abb. 1D), deren Phononenspektrum thermisch vom Bulk isoliert ist - zwei Eigenschaften, die zu mechanisch topologischen Materialien gehören. Wir haben die funktionellen Eigenschaften solcher Kantenmoden beschrieben, indem wir eine einzelne supramolekulare Bindung mechanisch anregten, was zu einem unidirektionalen Energietransport entlang der Kante ohne nennenswerte Bulk- oder Backpropagation führt (Abb. 1E).
Im Rahmen des Projekts Molecular Filtering erforschen wir neue Filterbegriffe, Anwendungen und mathematische Deskriptoren aus dem organisierten Aufbau von Molekülen an Grenzflächen. Wir glauben, dass supramolekulare Wärmewellenleiter, Dioden und Logiken nach dem Vorbild der Natur und mit Hilfe des riesigen Universums an supramolekularen Materialien eines Tages die aktuellen Technologien ergänzen könnten.